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Adobe Fav Benjamin Jaworskyj: „Fotografie ist am geilsten, wenn sie ein Abenteuer ist“

Benjamin Jaworskyj ist erst 29 Jahre alt, aber in der Foto-Szene schon eine wahre Größe. Mit 160.000 Abonnenten betreibt er den populärsten deutschen YouTube-Kanal für Foto-Tutorials. Er gehört zu einer Generation von social-media-affinen Foto-Profis, die nicht vom Fotografieren leben, sondern davon, Menschen das Fotografieren beizubringen. Mit lässig-coolem Auftreten will er in seinen Videos und Workshops den Mief der Väter-Generation aus der Fototrainer-Kultur vertreiben und das klischeebesetzte Genre der Landschaftsfotografie auch für junge Menschen attraktiv gestalten. Im Interview sprachen wir mit ihm über seinen Werdegang, seinen Stil und seine Pläne.

Dieses Interview ist der Auftakt zu einer weiteren Folge unserer Adobe Favs-Serie, in der wir aufstrebende Talente und erfahrene Profis aus der Kreativ-Welt vorstellen.

Einen wunderschönen, lieber Ben, stell dir vor, du möchtest in eine WG einziehen, in der nur Fotografen wohnen. Im Bewerbungsgespräch müsstest du dich mit einem deiner Fotos vorstellen. Welches würdest du wählen und was sagt es über dich persönlich aus?

Ausgerechnet eine WG. Ich habe tatsächlich schon in WGs gewohnt. War auch eine lustige Zeit. Aber heute: nie wieder! Zur Frage: Ich habe gar kein Lieblingsbild. Ich würde eines nehmen, das in meinem jüngsten Herzensprojekt „Jaworskyj around the world“ entstanden ist. Eines, das mich mit Stativ auf der Schulter und freiem Oberkörper im auf einer Wüstendüne im Sonnenschein zeigt. Vielleicht sind ja auch weibliche Bewohner in der WG?!

Warum kein Landschaftsbild, deine Spezialität?

Ich wurde schon oft nach einem Lieblingsbild gefragt. Aber ich habe keines. Mir geht es nicht um die Fotos als Ergebnis, sondern eher um den Spaß beim Fotografieren selbst. Ich definiere mich nicht über die Produkte meiner Arbeit, sondern über meine Person und mein Handeln.

Was macht denn deine Person aus?

Ich bin ein Abenteurer, der immer wieder neue Herausforderungen sucht. Habe ich ein Ziel vor Augen, widme ich mich sehr intensiv und entschlossen dieser Aufgabe. Fotografie ist für mich in diesem Zusammenhang wie ein Schatz, den ich für mich entdeckt habe, und dem ich immer wieder neue Facetten abgewinnen kann. Bevor ich zur Fotografie fand, habe ich ein Informatik-Studium in Potsdam geschmissen, eine Ausbildung bei der Polizei abgebrochen und meinen gut bezahlten Job bei einem Berliner Radiosender hingeworfen. Diese Risiken einzugehen, um meinen Weg zu finden, waren es wert. Ich würde es wieder tun. Das veranschaulicht meine Abenteurer-Natur recht gut.

Landschaftsfotografie steht eher für Kitsch als für Abenteuer. Ein Widerspruch?

In der Branche denken viele so. Ich sehe das anders: Es ist cool. Denn der Weg zu einer einzigartigen Foto-Location kann eine schwierige Herausforderung sein. Stundenlang über Stock und Stein mit der Fotoausrüstung im Schlepptau einen Berg zu erklimmen, um dann eine Brücke im Gegenlicht fotografieren zu können, kann eine echte Marter sein. Doch wenn ich dann schweißnass und abgekämpft aber begeistert das Motiv auf dem Chip habe, setzt das so viel Glücks-Chemie in mir frei wie es vielleicht sonst nur beim Hochleistungssport möglich ist.

Eine Weile habe ich mich auch mit Bildbearbeitung von Porträts intensiver beschäftigt. Vor allem Photoshop-Künstler Calvin Hollywood, mit dem ich gut befreundet bin, hat mich hier sehr inspiriert. Dabei geht jedoch viel Zeit für die Nachbearbeitung am Rechner drauf. Ich bin aber eher ein Draußen-Typ. Die Landschaftsfotografie bietet mir daher intensivere Erlebnisse. Ich glaube, ich finde Fotografie am geilsten, wenn sie ein Abenteuer ist.

Warum genießt du nicht diese Erlebnisse und lebst von deinen Fotos, sondern bist Workshop- und Video-Trainer geworden?

Mal ganz abgesehen davon, dass Abenteuer-Erfahrungen mit Workshop-Gruppen noch mehr Spaß machen, bin ich mittlerweile überzeugt, dass ich schon immer irgendwie Lehrer werden wollte. Schließlich hatte ich mich ja auch – gefühlt nur einen Tag – für Informatik auf Lehramt eingeschrieben. Es hat mich aber sofort angeödet, dass ich Lehrbuchwissen von jemanden „da vorne“ reinpauken sollte, der keinen Bezug zu mir hat. In der Fotografie ist das ähnlich. Die Trainingsszene ist voll vom Mief der Vätergeneration. Die Art und Weise, wie Wissen vermittelt wird, ist oft elitär und altmodisch. Fotografie kann cool und auch für junge Menschen interessant sein. Weil ich keine Tutorials gefunden habe, die das so vermitteln, wie ich mir das vorstelle, habe ich vor acht Jahren angefangen, selbst welche für YouTube zu machen.

Inzwischen betreibst du Deutschlands größten YouTube-Foto-Kanal. Wie hast du das geschafft?

Es klingt recht einfach, aber es ist nicht leicht umzusetzen. Man braucht gute Inhalte, die einem selbst Spaß machen. Ich gebe das Wissen weiter, dass ich selbst als Autodidakt gelernt habe, und zwar authentisch und alltagsnah. So wie ich privat bin, gebe ich mich auch in meinen Videos. Fotografie muss nicht elitär und kompliziert sein. Ich habe schließlich auch ganz klein angefangen. Mein wohl erstes „richtiges Shooting“ waren Porträts von meinen Klassenkameraden bei der Abi-Fahrt – mit einer Allerwelts-Digitalkamera.

Ich würde auch YouTube betreiben, wenn ich kein Geld damit verdienen würde. Besonders wichtig ist Durchhaltevermögen. Eine Durststrecke von einem Jahr oder länger ist normal. Wer das beherzigt, hat gute Chancen auf Erfolg.

Wie geht es nach dem Erfolg bei YouTube weiter, welche Pläne hast du?

Ich plane, einen englischsprachigen YouTube-Kanal zu eröffnen und Video-DVDs in englischer Sprache zu vertreiben. Denn auch international gibt es praktisch keine Tutorials, die professionell und authentisch junge Menschen ansprechen. Außerdem werde ich künftig auch Tutorials zur Video-Produktion anbieten. Die Verzahnung von Foto- und Video-Produktion nimmt zu, da viele Fotokameras auch gute Bewegtbilder aufnehmen. Und schließlich baue ich meine Kollektion an Objektiv-Filtern, die ich unter meinem Namen vertreibe, aus. Ich stehe einfach auf Foto-Technik und liebe es, mich damit auseinanderzusetzen.

Vielen Dank für das Gespräch.

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