Bertrand Duperrin wird am 11. und 12. Mai 2016 am Adobe Summit in London teilnehmen und uns über die zentrale Rolle von Kundenerfahrung, Daten und Inhalten in der digitalen ‒ oder nicht digitalen ‒ Organisation von Unternehmen ins Bild setzen.
Unternehmen konzentrieren sich endlich wieder auf den Kunden. Doch anstatt nur immer wieder darüber zu reden, müssen nun auch Taten folgen. Wenn eine Marke exklusiven Zugang zu den Medien hat, Märkte dominieren kann und ein virtuelles Monopol auf Produktinformationen hat, dann gibt es für den Kunden nicht viel Hoffnung ‒ er bleibt isoliert und schlecht informiert. Aber die Dinge haben sich geändert. Es mag offensichtlich scheinen, aber sobald der Kunde uneingeschränkten Zugang zu Informationen hat, kann er – alleine oder in der Gruppe – das Image einer Marke beeinflussen und mehr als nur Produkte und Werbebotschaften fordern. Er kann eine Erfahrung fordern. Und schon stellen wir fest, dass das Gleichgewicht der Macht gänzlich auf den Kopf gestellt wird.
Auf der einen Seite soll dem Kunden zu einem bestimmten Zeitpunkt eine gute Erfahrung vermittel werden. Das jedoch konsequent an allen Kontaktpunkten zu bieten (digital oder nicht), ist schon ganz etwas anderes. Wichtig ist dabei vor allem, dass man den Kunden kennt, der sich als „Market of One“ betrachtet, also als Individuum, das nicht wegen seiner Zugehörigkeit zu einem Segment angesprochen werden möchte, sondern wegen seiner persönlichen Vorlieben und dem, was ihn von anderen unterscheidet. Wenn man nicht gerade glaubt, eine Person zufriedenstellen zu können, ohne zu wissen, was sie eigentlich möchte und wer sie ist, dann ist die Kundenkenntnis der Kern des Geschäfts, egal um welches Unternehmen es sich handelt. Übrigens sollte man hier eher von Verständnis als von Kenntnis sprechen.
Der Kunde erwartet, dass ein Unternehmen sein ganzes Wissen über ihn nutzt, um seine Wünsche besser zu erfüllen, und weiß dabei ganz genau, dass sämtliche Informationen über ihn mit oder ohne sein Einverständnis oder Wissen gesammelt werden. Dennoch ist er vom Ergebnis häufig enttäuscht. Manchmal überschätzt er den Rahmen des Möglichen, manchmal vergisst er, dass es Zeit braucht, um den Heiligen Gral der Kundenkenntnis zu finden (und noch mehr Zeit, um ihn sinnvoll zu nutzen). Aber das ist eigentlich nicht das Hauptproblem.
Um einen berühmten Ausspruch eines ehemaligen Vorstandsvorsitzenden von HP zu den Defiziten seines Unternehmens auf dem Gebiet Innovation und kollektive Intelligenz an die aktuelle Situation anzupassen: Marken wissen nicht, was sie wissen. Anders ausgedrückt: Wenn die Kundenkenntnis erfasst und kapitalisiert wird, bleibt sie auf die zahlreichen Kontaktpunkte beschränkt, die eine Kundenerfahrung ausmachen. Sie ist dort isoliert. Denn für jeden Kontaktpunkt gibt es einen Verantwortlichen, der de facto auch für die Daten verantwortlich wird und diese eifersüchtig bewacht, um seine Arbeit in seinem eigenen Umfeld zu optimieren. So weiß schlussendlich jeder Mitarbeiter etwas über den Kunden, vom Marketing über den Vertrieb bis hin zum Service ‒ aber keiner kennt ihn wirklich.
Sollte man die Teile des Puzzles zusammenfügen? Sicherlich. Aber angesichts einzelner Unternehmensteile, oft widersprüchlicher Prognosen und Ziele oder auch Zahlen, die eher zu stärkerer Konkurrenz als zu mehr Zusammenarbeit führen, ist es nur für den Kunden von Vorteil, dieses Puzzle wieder zusammenzufügen.
Inhalte als Erfahrungsmotor
Obwohl es das Hauptziel ist, den Kunden zum Kauf zu animieren, übersteigen seine Erwartungen heute den Einkauf als solches bei Weitem. Online und informiert wie er ist, hat er wieder die Kontrolle übernommen. Er gehört niemandem mehr, sondern schenkt demjenigen sein Vertrauen, der ihm eine Qualitätserfahrung bietet. Und schlimmer noch: Er wählt seinen Weg selbst und verlangt von einer Marke, sich anzupassen und ihm auf diesem Weg zu folgen. In diesem Rahmen spielen Inhalte eine wichtige Rolle. Sie müssen „über das Produkt hinausgehen” und den Kunden in ein Markenuniversum führen, das zu ihm passt. Das lässt sich zwar leicht in Worte fassen, aber die Durchführung ist zweifellos sehr viel schwieriger. Denn wenn man die Gesamtheit der Kanäle betrachtet, die das komplexe Mosaik dieses Weges ‒ der sogenannten Customer Journey ‒ bilden, dürfen Inhalte nicht mehr „linear” oder vereinheitlicht (man könnte sagen simpel) geplant sein. Ihr Rhythmus, ihre Tonart, ihr Volumen, ihr Ausdruck, kurz gesagt fast alles, ändert sich je nach Zeit, Ort und dem vom Kunden gewählten Format. Eine große Herausforderung für Unternehmen, die noch dadurch verstärkt wird, dass diese Inhalte immer häufiger dialogorientiert, offen und interaktiv sind. Sie sind aber auch durch eine genaue Datenanalyse vorgegeben, die es ermöglicht, den Verbraucher besser zu verstehen, damit man ihm ein möglichst personenbezogenes Angebot machen kann.
Eine organisatorische Herausforderung
Als die Ökonomie des Wissens langsam die industrielle Ökonomie nach Taylor ersetzte, haben Unternehmen eines gelernt: Anstatt einer starren Haltung war jetzt Anpassungsfähigkeit gefragt, die jedoch ohne Informationsaustausch und Kooperation nicht möglich ist. Das gleiche Phänomen betrifft heute auch die Beziehung zum Kunden in einem Wirtschaftssystem, in dem die Kundenkenntnis eine immer wichtigere Rolle spielt. Ohne Zusammenarbeit oder Datenaustausch ist der Weg des Kunden, die Customer Journey, nicht möglich.
Ohne die Fähigkeit, die Kundenerfahrung an jedem Kontaktpunkt konsequent zu managen und sich dabei auf eine möglichst vollständige Kundenkenntnis zu stützen, ist eine Marketingstrategie nicht mehr als eine Lotterie. Und die Antwort liegt nicht in der Technologie: Sie ist da, sie ist vorhanden und sie kann angewandt werden. Die Antwort liegt in der organisatorischen Kapazität zur Umsetzung.
Die Kundenerfahrung ist das Ergebnis von Datenaustausch und Zusammenarbeit. Bei der Verbreitung der richtigen Botschaften und der interessantesten Angebote in den digitalen Medien (offline ebenso wie online) ist es wichtig, dem Verkäufer das Rüstzeug für den Umgang mit einem umfassend informierten und anspruchsvollen Kunden zu geben, wenn eine langfristige Beziehung aufgebaut werden soll.
Dafür ist als Minimum ein freier Datenaustausch zwischen Apps und einzelnen Personen erforderlich. Das ist aber nur dann möglich, wenn die Verantwortlichen für die Kontaktpunkte ihre Arbeit nicht auf eine Weise messen, die dazu führt, dass sie untereinander mehr kämpfen als gegen die Konkurrenz. Außerdem handelt es sich dabei um eine Chance, damit sich die gesamte Organisation wieder vollständig auf den Kunden konzentriert.
Sollte man einen Chief Digital Officer einstellen, wie das in vielen Unternehmen der Fall ist? Dieser CDO kann Teil der Gleichung sein, aber er bleibt nur ein Teil davon. Er konzentriert sich auf das Geschäft ‒ damit ist noch immer jemand erforderlich, der sich auf den Kunden konzentriert, und das idealerweise auf eine allumfassende Art. Ich glaube fest an den Chief Experience Officer, der inzwischen gerade aufgrund seines allumfassenden Ansatzes immer öfter engagiert wird. Ich setze auch auf die zukünftigen „Journey Manager”, da Konzeption und Management der Customer Journey innerhalb einer Logik der Kohärenz und der Synergien zwischen den Kontaktpunkten unentbehrlich werden. Auch hier wird der „Journey Manager” Wissenschaft und Kunst geschickt jonglieren und seine fundierte Kenntnis der gesammelten Daten gekonnt einsetzen müssen. Er muss aber auch wissen, wie man an den Kunden angepasste Inhalte produziert ‒ idealerweise für jeden einzelnen Kunden. Und das bedeutet selbstverständlich, dass man fähig sein muss, sich zu organisieren, um große Mengen an personalisierten Inhalten zu produzieren, die an sehr unterschiedliche Kanäle angepasst werden.
Abschließend bleibt zu sagen, dass ein Kundenmanagement nur funktionsübergreifend und einheitlich stattfinden kann. Denn nur so kann man die heute verfügbaren Technologien optimal nutzen.
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