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Vom Unternehmenszweck, einen Kunden glücklich zu machen

Jeder kennt sie, die vielzitierte Floskel „der Kunde ist König“. Aber wie das so ist mit Floskeln: Bisher war diese Behauptung für Unternehmen oft nicht mehr als das wohlklingende Lippenbekenntnis ihrer Marketingabteilung. Doch dann kam die Digitalisierung. Und mit ihr gewinnt der vernetzte Kunde zunehmend an Einfluss: Jedes Erlebnis mit einer Marke kann kommentiert, bewertet und über soziale Netzwerke in Windeseile verbreitet werden. Wer seine Kunden nicht ernst nimmt und die interaktive Beziehung zu ihnen auf allen Kanälen entsprechend pflegt, wird schnell an den digitalen Pranger gestellt. Um aber wirklich kundenzentriert agieren zu können, müssen Unternehmen bereit sein, ihre Geschäftsmodelle kritisch zu hinterfragen – und sie nicht selten komplett neu strukturieren. Denn zur königlichen Behandlung des Kunden bedarf es mehr als einer schlauen Marketingstrategie.

Der Kunde führt, die Marke folgt

Bei Tante Emma war der Kunde tatsächlich noch König. Sie kannte die Menschen persönlich, die bei ihr im Laden einkauften, wusste Bescheid über deren Vorlieben, Bedürfnisse und Kaufgewohnheiten und konnte ihnen entsprechend maßgeschneiderte Angebote machen. War der Kunde zufrieden, kaufte er auch weiterhin bei Tante Emma ein und empfahl sie im Idealfall in der Nachbarschaft weiter. An dieser Idealvorstellung einer Geschäftsbeziehung hat sich seitdem nicht viel geändert, wohl aber an der Welt, die uns umgibt. Aus dem direkten Kontakt zwischen Tante Emma und ihren Kunden wurde das äußerst komplexe Konstrukt der Customer Experience. Dieses Gesamtbild aller Erfahrungen, die ein Interessent oder Kunde mit einer Marke macht, steht zunehmend im Mittelpunkt unternehmerischen Handelns.

Die Gründe für das gesteigerte Interesse der Unternehmen am Markenerlebnis ihrer potenziellen und bestehenden Kunden liegen auf der Hand: Durch die digitale Vernetzung haben sich Entscheidungsprozesse und Kaufverhalten von Konsumenten drastisch geändert und Marken müssen darauf reagieren, wenn sie in der heutigen Geschäftswelt bestehen wollen. Denn die Möglichkeit, mittels Tablet, PC oder Smartphone jederzeit umfassende Informationen über Produkte und Angebote abzurufen und sie öffentlich zu bewerten, verleiht dem Einzelnen eine nie gekannte Macht und Kontrolle über eine Marke: die 3R des „sozialen Konsumenten“ – Bewertungen (Ratings), Testberichte (Reviews) und Empfehlungen (Recommendations) – bestimmen dessen Entscheidungsfindung. Statt den markeneigenen Botschaften vertraut der Internetnutzer zunehmend den Urteilen anderer Konsumenten Dass eine scheinbar positive Gesamtbewertung durchaus trügerisch sein kann, übersehen sie dabei gerne. Denn wer dabei die Herkunft, Qualität und Quantität der Ratings außer Acht lässt, wird schnell fehlgeleitet.

Noch deutlicher wird der wahre Wert einer Marke durch Testberichte von Nutzern abgebildet. Wer braucht schon Stiftung Warentest, wenn jeder, der ein Produkt kauft oder einen Service in Anspruch nimmt, seine Erfahrungen ungeschönt und in Echtzeit mit der Welt teilen kann? Die immense Bedeutung der Testbericht-Autoren für eine Marke wird bislang von Unternehmen noch oft verkannt. Doch Empfehlungen zufriedener Kunden und begeisterter Brand Advocates haben bereits heute einen größeren Einfluss auf den Umsatz als so manch traditionelle Messgröße.

Damit verändert sich auch die Anspruchshaltung der Konsumenten an Unternehmen: sie erwarten sofort nutzbare „on demand“-Lösungen für all ihre momentanen Bedürfnisse, die sie dank smarter, meistens mobiler Endgeräte jederzeit artikulieren können. Sie bestimmen, wo, wann und wie eine Marke für sie von Interesse und Nutzen ist und definieren damit die für sie optimale Customer Experience.

Alles ist Customer Experience

Dabei ist den Konsumenten bewusst, dass sie überall ihre digitalen Fußspuren hinterlassen. Als Gegenleistung für die Preisgabe persönlicher Informationen erwarten sie, dass der Kontakt zwischen ihnen und einer Marke möglichst einzigartig ist und in allen Berührungspunkten, oder Touchpoints, mit für sie relevanten Angeboten auf ihre individuellen Wünsche und Vorlieben eingegangen wird – sei es bei Suchanfragen, auf der Unternehmenswebsite, in Apps oder Social Media-Kanälen, im Shop um die Ecke oder beim Kundendienst. Die Crux dabei: Jede einzelne Begegnung mit der Marke beeinflusst die Customer Experience. Das individuelle Markenerlebnis umfasst konkrete Erfahrungen mit dem Anbieter und seinem Produkt oder seiner Dienstleistung ebenso wie die Emotionen, die eine Marke transportiert. Doch der Grat zwischen maßgeschneiderter Kundenansprache und nervtötender Angebotsüberfütterung ist schmal. In einem Beitrag zum Thema Kundenzentrierung und Customer Experience weist die Marketingagentur i-scoop darauf hin, dass Konsumenten gar nicht immer eine Erfahrung mit „Wow“-Effekt suchen. Wie seinerzeit bei Tante Emma erwartet der heutige Kunde, dass auch er als Individuum mit seinen situativ unterschiedlichen Bedürfnissen wahrgenommen wird.

Die Kunst der digitalen Markenstrategie besteht also in der Schaffung einer Touchpoint-übergreifenden Customer Experience, die den Konsumenten ernst nimmt, ihn auf seinem Weg zum Kauf begleitet, bei Laune hält und nicht nervt. Dieses Vorhaben kann gelingen, wenn Unternehmen mittels intelligenter Datentechnologie und „Social Listening“ die Interessen und Wünsche der Konsumenten in ihrem jeweiligen Kontext erfassen und möglichst passgenau darauf reagieren. Google umschreibt diese Herausforderung treffend mit dem Begriff „Micro-moment“. Die Erkenntnis, dass jeder Einzelne intern wie extern das Markenerlebnis mitprägen kann, führt zu einem Wandel der Unternehmenskultur: Die Stimme der Konsumenten dringt mittlerweile von den Marketing– und Vertriebsabteilungen auch in die Produktentwicklung durch. Indem sie ihre Kunden in ihre Forschungs– und Entwicklungsprozesse mit einbeziehen, bietet sich den Unternehmen die einzigartige Chance, nicht nur ihre Angebote zu optimieren, sondern tatsächlich die gesamte Customer Experience auf die Vorstellungen der Konsumenten abzustimmen. Ein Paradebeispiel für kundenzentriertes unternehmerisches Denken ist der Luxustaschen– und Accessoires-Hersteller TUMI. Das Unternehmen hat von Anfang an seine Kunden in den gesamten Lebenszyklus eines Produktes einbezogen und die Abteilungen nach Kundengruppen organisiert. Die Unternehmensstrategien der digitalen Start-Ups Uber und Zappos gehen ebenfalls in diese Richtung.

Wo hört Customer Experience auf und wo fängt die Strategie an?

Aber obwohl die Mehrzahl der Unternehmen sich der Bedeutung einer überzeugenden Customer Experience durchaus bewusst ist, fehlt vielerorts noch die Einsicht, dass dafür eine unternehmensweite, kundenzentrierte Strategie notwendig ist. Die Verantwortung für das Customer Experience Management liegt nach wie vor überwiegend bei den Marketingabteilungen. Die investieren inzwischen auch enorme Summen in die geeignete technologische Infrastruktur, übersehen dabei aber gerne die IT-Verantwortlichen des eigenen Unternehmens. Dabei ist es für eine einheitliche Customer Experience lebenswichtig, Schnittstellen zwischen den verschiedenen Unternehmensanwendungen einzurichten, um die gesammelten Daten zu konsolidieren und schnellstmöglich Informationen über Kundeninteraktionen an verschiedenen Stellen des Unternehmens zu erhalten.

Auch an anderen Stellen hakt es unternehmensintern: Wer ist zuständig für die Echtzeit-Interaktionen mit Konsumenten oder positives Feedback auf Empfehlungen und Bewertungen und wer stimmt diese wichtigen Merkmale der Customer Experience ab? Wer betreut und steuert Communities und Foren, wenn sich ein Unternehmen den Kunden öffnet?

Eine ganzheitlich kundenzentrierte Strategie bedeutet nicht, sich marketing– und vertriebsseitig auf die wichtigsten Kunden zu konzentrieren, sondern umfasst die Optimierung aller Prozesse und Geschäftsfunktionen mit Blick auf den Kunden. Auch bei seiner finanziellen Zielsetzung konzentriert sich ein kundenzentriert agierendes Unternehmen auf die Optimierung des Wertes, der durch den einzelnen Kunden generiert wird. Spätestens an dieser Stelle sollte klar sein, dass das Thema Customer Experience nicht nur ein operatives, sondern ein strategisches ist und alle im Unternehmen sich abteilungsübergreifend damit beschäftigen müssen, um dauerhaft Erfolge zu erzielen.

Vom Unternehmenszweck, einen Kunden glücklich zu machen

Zur Optimierung der Customer Experience im Sinne einer kundenzentrierten Unternehmensstrategie sind interne und externe Veränderungen notwendig. Um eine nahtlose Customer Experience über alle Touchpoints hinweg zu ermöglichen, muss zum einen jede einzelne Interaktion zwischen Marke und Konsument auf Herz und Nieren geprüft werden. Zum anderen wirkt sich die transformierte Strategie auch auf die Organisationsstruktur aus. Abteilungsinterne Silos müssen abgebaut, Barrieren zwischen einzelnen Abteilungen eingerissen werden. Der aktuelle Einsatz von IT im Unternehmen und Verantwortlichkeiten werden hinterfragt.

Sind diese Voraussetzungen geschaffen, setzt der strategische Bauplan der optimalen Customer Experience bei der Erfahrung an, die die Konsumenten mit der Marke haben wollen. Wie können Kopf, Herz und Sinne durch die Marke angesprochen werden – und welche Unternehmensziele werden damit verfolgt? Alle beteiligten Architekten der Customer Experience sollten sich einig darüber sein, welche Informationen die Konsumenten über den Lebenszyklus des Unternehmensangebotes hinweg voraussichtlich teilen werden und wer wie worauf reagiert. Denn positive Markenerlebnisse wirken dank der eingangs erwähnten 3R des Konsumenten über die eigentliche Kauf-Transaktion hinaus und Marken sollten positive Bewertungen und Kommentare aktiv fördern und belohnen. Durch die clevere Nutzung von Kundendaten und einen entsprechenden Aufbau von Loyalitätsprogrammen können Unternehmen ihre Customer Experience Strategie laufend optimieren. Wie in jeder guten Beziehung muss aber erst einmal das Vertrauen auf beiden Seiten da sein, um den wertvollen Informationstausch zwischen Kunde und Marke zu ermöglichen. Dieses Vertrauen hängt nicht zuletzt von der Sicherheit der preisgegebenen Daten und klaren Vereinbarungen ab.

Auch wenn es sehr abstrakt erscheint, sollten diese Gedanken nicht dem Zufall überlassen, sondern strategisch geplant werden. Die Customer Experience sollte von den Unternehmen als Versprechen an die Kunden verstanden werden, das auf messbare Weise, mit klaren Verantwortlichkeiten und Zielen, in die Tat umgesetzt wird. Eine konkrete Messgröße für eine erfolgreiche Customer Experience schlägt Macala Wright mit dem Begriff Return on Experience vor. Studien zeigen, dass Konsumenten bereit sind, für ein gleichwertiges Angebot deutlich mehr zu bezahlen, wenn sie der Meinung sind, dass ihnen das Angebot zu einem außergewöhnlichen Markenerlebnis verhelfen wird. Erfolgreiche Customer Experience wirkt sich also indirekt wie direkt durchaus positiv auf den ROI aus und sorgt für einen in dieser schnelllebigen Zeit ungewöhnlich loyalen Kundenstamm. Aus diesem Grund sollten Unternehmen wirklich alles daran setzen, ihre Kunden im besten Sinne zum König ihrer Marken zu machen.

Zutaten für eine gelungene Customer Experience Strategie

  • Überprüfe die Customer Experience an jedem möglichen Touchpoint und vereinheitliche sie
  • Schaffe das notwendige organisatorische Umfeld für kundenzentriertes Handeln
  • Interagiere intelligent mit den Konsumenten und versuche, sie zu verstehen
  • Gib ihnen das Markenerlebnis, das sie wollen

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