Gastbeitrag von Kristina Schreiber, freie Journalistin und Medienexpertin
Wie treiben Händler ihre Kunden noch effizienter zum Kaufabschluss? Die britische Home-Retail-Group-Tochter Argos hat schon seit geraumer Zeit ihre „Mobile-First“-Strategie ausgerufen und pumpt mittlerweile „überproportional viel Budget in die mobile Customer Experience“, erklärte Mark Steel, Digital Operations Director bei Argos, auf dem vor kurzem gelaufenen Adobe Summit in London. Damit will der Multikanalhändler die Kundenreise durch den Shopping-Funnel effizienter machen und datengestützt zu einem „End-to-End-Erlebnis“ auf Tablet, Smartphone und Co. erheben, wie Steel beteuerte. Doch Hand aufs Herz, liebe Argos-Manager, geht eure „Mobil-hat-Vorfahrt“-Strategie auch auf?
Mal eben mit der App die TV-Wand vermessen
Mutig sind sie, die agilen Briten. Trial and Error und ausgiebiges, auf Sortimentsbereiche und Kunden-Cluster bezogenes Testen (ob und wie Shopper konvergieren) stehen genauso auf Argos’ mobiler Agenda wie effiziente Prozess-Roll-outs, wenn sie denn zu übermäßig vielen Abschlüssen führen. „Wir versuchen, an vielen Stellen im Kaufprozess das beste Shopping-Erlebnis zu kreieren und den Abschluss schnell herbeizuführen“, skizzierte Steel auf der Konferenz.
Zu den zahlreichen Apps für iOS– und Android-Handys und –Tablets, die 2010 bis 2013 Teil des mobilen Argos-Kanalreigens wurden, kamen zuletzt im Oktober 2014 je eine Geschenke-Finder-App für Erwachsene und Kinder hinzu. Und Argos tüftelt weiter. Was allen Anwendungen gemein ist: Die in den Apps verankerten Kundenreisen rund um die 50.000 verschiedenen Produkte im Argos-Sortiment sind extrem ausgeklügelt. Ein Beispiel: Die Persona Lisa, eine vielbeschäftigte Mum, startet mit der Google-Anfrage „kostengünstiger und brandneuer Fernseher“ von ihrem Tablet aus in ihre Customer Journey. Über den Link eines passenden Argos-Angebots in den Ergebnisseiten erhält die Interessentin leicht verdauliche TV-Geräteinfos und Kundenmeinungen im Content-Bereich des Multikanal-Händlers. Da dies allenfalls eine Vorauswahl darstellt, vermisst Lisa zu einem späteren Zeitpunkt ihre Wohnzimmerwand per App und Tablet-Kamera. Auf dieser Basis bietet Argos Lisa einen Fernseher mit einer zum Wohnraum passenden Bildschirmgröße. Wieder später macht eine Nachfass-E-Mail die Kundin auf eine zum empfohlenen Gerät passende Preisaktion aufmerksam. Die Mail führt weiter zu einem Chat mit dem Mitarbeiter Adam aus einer nahe gelegenen Filiale. Lisa sucht Adam am Folgetag persönlich im Geschäft auf; die online begonnene Beratung führen Lisa und jener Adam vor Ort und inhaltlich nahtlos fort. Einen Tag später kauft Lisa über ihr Tablet einen noch größeren Fernseher zu dem im Angebot ausgewiesenen Preis. Bingo, Kauf vollzogen.
Einverstanden, hier handelt es sich um eine aufwändig konzipierte, fast kitschig-schöne Bilderbuch-Kundenreise. Mit fluffigen, verkaufsorientierten Kanalübergängen für Journey-Unterbrecher, die ab und an auch mal nach ihren Kindern sehen müssen. Gerade solche Zielgruppen wollen nach einer Unterbrechung des Kaufprozesses genau dort weitermachen, wo sie zuletzt recherchiert oder sich beraten haben lassen. Der dazugehörige mobil induzierte und datengestützte Ansatz von Argos scheint genau deshalb zu funktionieren, „weil wir keine schnöden Events kreieren, sondern richtige Customer Journeys. Diese packen wir voll mit iterativ erworben Erkenntnissen über die bisherigen Kaufprozesse unserer Kunden“, erläuterte Anthony Magee, Senior Digital Intelligence Manager bei Argos, auf dem Adobe Summit.
Annähern an DIE Killeranwendung
Laut ihm und seinem Argos-Kollegen Ben Murr, Senior Digital Product Manager, macht das Internet einschließlich des Customer-Journey-Katalysators Mobile inzwischen 46 Prozent der Argos-Sales aus. Mehr als 39 Prozent der Unternehmenskunden nutzen längst mindestens einen digitalen Kanal. Die Zahl der Besucher, die ein Tablet bzw. eine mobile Site auf ihrer Customer Journey einsetzen, stieg 2013 und 2014 um 53 Prozent. Während der klassische Desktop um sechs Prozent an Beliebtheit einbüßte, kletterte die Quote bei den den App-Nutzern sogar um 95 Prozent. Vor diesem Hintergrund birgt der erlebnisorientierte und datengestützte Kaufprozess – Trigger-basiert und in Echtzeit – enormes Wachstumspotenzial, betonten Magee und Murr.
Einfach ist das nicht. „Die kontinuierliche Annährung an eine perfekte Customer Journey bringt uns nicht von jetzt auf gleich zu DER Killeranwendung “, mahnte Murr. Kundenengagement, datengestütztes Erlebnis oder Lieferlogistik müsse Argos Schritt für Schritt optimieren, um sich an ein Ideal heranzurobben. Diese Iteration stehe für harte, keinesfalls triviale Arbeit. Zumal die Briten den Anspruch hegen, Trends wie das Internet der Dinge oder den 3D-Druck für Kaufprozesse im Hinterkopf zu behalten. „Wir müssen uns immer wieder fragen, was wir sinnhaft implementieren können und was nicht – und wie wir uns mit unseren Kunden vernetzten“, warnte Murr. „Und wie wir – je nach Ziel und Situation – die aus Kundensicht ideale Erfahrung per App-Visit und Co. vorbereiten “, ergänzte Magee. Dazu wertet Argos aus, welche Anwendungen die eigenen Kunden nutzen oder welche sie vermissen. „Sobald wir den Return-on-Investment mit einem ‚Best Fit‘ maximieren können, belegen wir, dass das jeweilige Modell funktioniert und können so unsere Budgets cleverer, also effizienter ausgeben“, sagte Magee. Zwar scheint der Weg dahin weit. „Aber wir haben angefangen, die ersten Früchte unserer Arbeit zu ernten“, resümierte Magee.
Kristina Schreiber ist freie Journalistin (u. a. für acquisa) und schreibt am liebsten über ihre Leib– und Magenthemen E-Commerce und Data. Sie bloggt und berät Unternehmen, wie sich diese in ihren Firmenmedien als Experten positionieren – apropos Content-Strategie, Inhalte mit Mehrwert und Distributions-Taktik in eigenen, bezahlten und Social-Media-Umfeldern. Online zu finden ist Schreiber in ihrem Blog sowie auf Xing.
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