Nicole und Ralf Obermann sorgen für traumhafte Erinnerungen an den schönsten Tag des Lebens
Ein Bräutigam, der im Badezimmer mit dem obersten Hemdknopf kämpft, eine Braut unscharf hinter einem Vorhang aus Regentropfen verborgen. Vier Blumenkinder lümmeln in stimmungsvollem Schwarzweiß auf einer Parkbank herum. Bilder wie diese sind das Markenzeichen von Nicole und Ralf Obermann, die mit ihrem Team von ro-fotografie in den letzten Jahren erfolgreich die deutsche Hochzeitsfotografie-Szene aufgemischt haben. War früher das schnelle Bild unter dem Baum beim Standesamt das Maß der Dinge, hat die fotojournalistische Hochzeitsfotografie mittlerweile auch hier Einzug gehalten. Bei den Bildern von Nicole und Ralf Obermann steht dabei nicht immer die technische Perfektion im Vordergrund, sondern vielmehr die Stimmung. So wird in der Kirche auf Blitzlicht verzichtet, um nicht vom eigentlichen Geschehen abzulenken und die Emotionen des unwiederbringlichen Moments einzufangen.
Einstieg per Zufall
Ihre Erfahrungen geben Nicole und Ralf Obermann inzwischen über Seminare und Workshops an die Kollegen weiter und vertreten die deutsche Hochzeitsfotografie auf Branchenevents im In- und Ausland. Begonnen hatte alles ganz anders. Ralf Obermann arbeitete ursprünglich als Innenarchitekt, während seine Frau Nicole 1994 die Werbeagentur No-Limit gründete und Kunden wie Mercedes-Benz und Siemens im B2B-Bereich betreute. Ralf griff beruflich immer öfter selbst zur Kamera, parallel bot ein Kunde Nicole an, die Hochzeit seiner Tochter in Kanada zu fotografieren. Hochzeitsfotografie stand damals in Deutschland nicht hoch im Kurs, auf dem amerikanischen Kontinent sah das allerdings ganz anders aus. Hier wurde schon länger eine völlig andere, anspruchsvollere und aufregendere Variante betrieben. Nachdem Ralf Obermann sich etwas in der dortigen Szene umgesehen hatte, fiel die Entscheidung und die Beiden hatten beim Begleiten der ein Wochenende lang dauernden Hochzeit nicht nur einen Riesenspaß, sondern auch ein neues Geschäftsfeld entdeckt.
Selbstläufer von Beginn an
Durch begeisterte Gäste und anwesende Wedding Planner ergaben sich direkt Folgeaufträge für die Obermanns, die seither nie wirklich Werbung machen mussten. Sie stiegen erfolgreich in die nordamerikanische Szene ein und waren dort fünf Jahre aktiv, bevor sie 2005 das Geschäft auch nach Deutschland übertrugen und seitdem global im Einsatz sind. Die fotografierten Paare haben dabei häufig unterschiedliche kulturelle Hintergründe, mit einem Partner aus Deutschland und dem anderen beispielsweise aus den USA, China oder Vietnam. Hieraus ergeben sich auch spannende Einsatzorte. Erst kürzlich erreichte die Beiden die Anfrage eines australischen Brautpaars, das erst auf Bora Bora im Pazifik und später in Deutschland heiraten möchte. Abwechslungsreich ist es bei den Obermanns immer. 2007 fotografierten sie in Lech, wo die ausgelassene Festgesellschaft aufgrund der bereits stillgelegten Lifte mit Schneeraupen auf die Hütte gefahren wurde. Ein anderes Paar hatte den üppigen elterlichen Garten für seine 200 Gäste mit einem gigantischen Zelt überdeckt und in eine Festhalle aus 1001 Nacht, inklusive separaten Lounge- und Barbereichen, verwandelt.
Lautloser Auftritt
Nicole und Ralf fallen trotz ihrer Kameras unter den Festgästen nicht auf und werden aufgrund ihrer unaufdringlichen Art oft für Freunde des Paares gehalten. Dadurch gelingen ihnen auch ihre wunderbar natürlich wirkenden, ungezwungenen Bilder der großen und kleinen Glücksmomente. Und natürlich passen die Fotografen sich vom Outfit her an, treten in Smoking und Abendkleid statt Jeans und T-Shirt auf. Die Obermanns arbeiten meist gegengeschlechtlich, Ralf begleitet die Braut, Nicole den Bräutigam. Dies erleichtert es, die Charaktere eines Paars besser hervorzuheben, so Ralf Obermann. „Es ist wesentlich leichter zu erkennen, was die Paare aneinander mögen, und dies findet sich später auch in den Bildern wieder.“ Man könne den Bildern später immer ansehen, ob eine Fotografin oder ein Fotograf die Braut begleitet hat. Frauen seien härter, Männer eher zurückhaltender, so Obermann.
Kamera und Computer im Dauereinsatz
Ein Einsatz beginnt um 8 Uhr morgens im Hotelzimmer der Braut und dauert zwischen 12 und 17 Stunden. In der Regel bringen die Obermanns 5.000 bis 6.000 Bilder von einer Hochzeit nach Hause. Das erste Durchsehen und Vorselektieren der Bilder erfolgt in Bridge, hierbei wird die Auswahl auf etwa 1.500 Aufnahmen reduziert, die dann wiederum als RAW-Dateien in Lightroom importiert werden. In Photo Mechanic erfolgt dann die nachträgliche Zeitsynchronisierung der Metadaten. Denn auch wenn die Fotografen im Vorfeld der Trauung die internen Uhren ihrer Kameras anpassen, kann es bei entscheidenden Momenten wie der Ringübergabe zu Abweichungen kommen. Die beiden zeitsynchronen Bilderstränge werden dann im Lightroom-Katalog aktualisiert. Generell wird jede Hochzeit als separate Katalogdatei angelegt. Durch Lightroom hat sich die grundlegende Bearbeitung der Bilder deutlich verkürzt und zu Zeiteinsparungen von rund 40 Prozent geführt. Nur bei Bildern, die intensiverer Retusche bedürfen, greift Ralf Obermann auf Bridge und Photoshop zurück. Sämtliche Korrekturen wie Schwarzweiß- oder Sepia-Tonungen werden in Lightrooms Entwickeln-Modul ausgeführt. Nach erfolgter Bearbeitung wird den Kunden eine etwa 400 Bilder umfassende Best-of-Auswahl auf DVD übergeben, zusätzlich wird über das Web-Modul eine Flash-basierte Internetgalerie erzeugt. Das Highlight sind allerdings die selbstproduzierten Fotobücher. Diese in InDesign gestalteten Bände sind so erfolgreich, dass die Obermanns die Firma „Albendesign“ gegründet haben, um der großen Nachfrage, auch aus dem Kreis von Agenturen und Fotografen, begegnen zu können. Gedruckt werden die Bücher in Italien, Portugal und der Schweiz.
Erfolgsrezept Authentizität
Nicole fotografiert 15, Ralf rund 20 Hochzeiten pro Jahr. Die Beiden haben zwei Kinder, 7 und 9 Jahre alt, sowie das Problem, dass sich die Hochzeits-Hauptsaison in den Sommerferien abspielt und ein Monat nur vier Wochenenden hat… Ralf Obermann hat im August 2009 trotzdem beeindruckende 18 Hochzeiten fotografiert. Dies bedeutete mitunter auch, dass er dafür nachts um zwei Uhr in Frankfurt ins Auto stieg, um sich am nächsten Morgen in Österreich im Badezimmer des nächsten Bräutigams zu rasieren und direkt weiter zu arbeiten. Die Obermanns haben die deutsche Hochzeitsfotografie aus ihrem Dornröschenschlaf geholt.